Sonntag, 22.10.2012. Meine Armbanduhr zeigt zweiundzwanzig Minuten nach vier Uhr am Nachmittag. Die Maschine der Air Moldova landet pünktlich und sicher auf dem International Airport von Chisinau. Kurz darauf steigen wir aus dem Flieger. Ich bin gespannt, wie sich die moldauische Hauptstadt im Herbst präsentiert. Der erste Eindruck ist gut: milde Temperaturen um die 20 Grad Celsius, die Abendsonne taucht die wenigen Wolken in ein warmes Licht. Und der Flieger trägt den Namen „Stefan cel Mare“. Wie könnte es anders sein?
Wir holen unser Gepäck und steigen kurz darauf in den Wagen von Boris. Seinen alten Audi 100, mit dem er Mac und mich im vergangenen Jahr durch das halbe Land kutschierte, hat seinen Geist aufgegeben. Er wurde durch einen gebrauchten VW-Golf ersetzt. Der Rosenkranz und verschiedene Geldscheine um den Schaltknüppel sind wie eine Reminiszenz an den Audi.
Wir passieren das „Tor von Chisinau“, das Zimbru-Stadion, in dem um 16 Uhr das Lokalderby zwischen Zimbru und Dacia angepfiffen wurde, und fahren schließlich am Hotel National vorbei. Boris hält vor dem Eingang des Boulevard Negruzzi 6a. Wir sind da und ich fühle mich fast wie zuhause. Natürlich erkläre ich in diesem Jahr meiner Begleiterin das Patent des russischen Fahrstuhls, der uns hinauf in die Wohnung in der neunten Etage bringt. Das freut Boris sehr. Noch mehr aber freuen ihn die hervorragenden Russischkenntnisse der Reisegefährtin. Wir richten uns ein, duschen kurz und machen uns auf zum „Spalatorie“, einem mit Stiftungsmitteln aus Deutschland finanzierten Theater- und Kulturhaus. Wir treffen dort Nora, die als Kulturmanagerin der Robert Bosch Stiftung in Chisinau arbeitet. Weil wir zu spät sind, erhalten wir eine Sondervorstellung eines Films von Pavel Braila, einem der bekanntesten unabhängigen Filmemacher des Landes.
Am nächsten Tag sehen wir uns in der Stadt um. Natürlich geht es vorbei an der Jupiter-Bar, die noch immer in grauen Beton versteckt zu Bier und Pizza einlädt. Die Melonenverkäuferin ist auch noch da. Sie nennt aber inzwischen einen eigenen Verkaufspavillon ihr Eigen. Das Geschäft lief wohl gut im letzten Jahr … Die Stadt ist im Wandel. Einige Kneipen, leider auch das Rock’n’Roll-Café, gibt es nicht mehr, andere haben neu aufgemacht. Tucano-Coffee, mit leckerem, fair gehandeltem Coffee to go und sogar ein vegetarisches Restaurant findet man nun in der City.

Leider ist uns nur dieser eine Tag in der Metropole Moldaus vergönnt. Bereits am nächsten Morgen geht es mit dem Bus um sieben Uhr weiter ins benachbarte Ausland. Immerhin kommen wir so auch einmal ganz in den Süden nach Cahul. Die Kneipe direkt gegenüber dem Busbahnhof serviert den besten Cappucino Moldaus. Also, einfach mal austesten bei Gelegenheit.
Hilfreich für alle Reiselustigen könnte unser literarisches Reisebuch über die Republik Moldau sein. Es erscheint im Frühjahr 2013 zur Leipziger Buchmesse im Achter-Verlag. Für alle, die solange nicht warten möchten, blogge ich etwa monatlich kurze Leseproben und weitere Fotos. Also nicht verpassen und am besten den Blog abonnieren.